Spielen in und um Werne

Schwarmfinanzierung (Teil 3): The Bad

Crowdfunding hat leider nicht nur seine guten Seiten. Womit der Schwarmfinanzier rechnen muss, möchte ich im heutigen Teil der Crowdfunding-Serie aufzeigen.

Geduldiges Kapital

Out of the woods von American McGee ist eines von vielen Beispielen für eine große Verspätung

Die wichtigste Tugend beim Unterstützen von Spielen durch Crowdfunding ist Geduld. Nach weit über 100 Unterstützungen bei Indiegogo, Kickstarter, StartNext, Spieleschmiede und anderen Plattformen kann ich sagen: 95% der Zeiteinschätzungen der Projektersteller ist zu optimistisch. Ganz selten kommt es mal vor, dass ein Spiel etwas vor dem geplanten Zeitraum ankommt, einige wenige Spiele schaffen es ungefähr zum angekündigten Zeitpunkt in mein Haus, aber die große Mehrheit der Spiele braucht mindestens zwei Monate länger, häufig sogar noch mehr.

Inzwischen rechne ich grundsätzlich mit sechs Monaten Verzögerung, erst danach werde ich hellhörig. Die Gründe für Verschiebungen sind vielfältig, aber meistens sind die Hersteller zu optimistisch, was die Menge der Arbeit angeht. Die Arbeit am Spiel plant man vielleicht noch richtig, aber die Arbeit mit der Community und andere administrative Aufgaben werden häufig unterschätzt. Dazu kommen technische Probleme bei der Produktion, Fehler, die spät auffallen und noch vieles mehr.

Wenn ihr also eins aus der Serie mitnehmen solltet, dann auf jeden Fall die Erkenntnis, nicht den angekündigten Realisierungszeiträumen zu glauben. Ein halbes Jahr Verspätung muss man einkalkulieren.

Alles Blendwerk?!

Auch wenn man häufig qualitativ hochwertige Produkte via Kickstarter erhält, nicht selten sind die tollen Materialien, die schönen Promovideos, die atmosphärische Illustration oder die Flut an Extras auch ein gutes Stück Blendwerk. Damit will ich nicht sagen, dass jedes aufgepimpte Spiel schlecht wäre. Aber nicht selten macht sich nach Erhalt des Spiels eine gewisse Ernüchterung breit.

Pulp Detective

Mein Lieblingsbeispiel aus dieser Kategorie ist das eher kleine Spiel „Pulp Detective“, ein Solo-Detektiv-Spiel mit einem hervorragenden visuellen Stil. Die Spieleschmiede– bzw. Kickstarter-Kampagne sieht super aus, das fertige Spiel ebenfalls. Aber spielerisch ist das Werk eine riesige Enttäuschung, weil der Spieler am Ende immer nur eine vorgegebene Kombination erwürfeln muss, wobei er nur wenige Einflussmöglichkeiten hat.

Aber auch größere Werke wie „Tainted Grail“ hinterlassen bei vielen Spielern nach Erhalt einen gemischten Eindruck.

Es ist schwierig, solches Blendwerk zu erkennen. Häufig liegen die Regeln während der Kampagne nicht oder nur als Vorab-Version vor. Dabei ist ein Regelstudium ja auch kein Garant, ein schlechtes Spiel als solches zu erkennen, denn meistens sind es Detailelemente wie Karten oder Wahrscheinlichkeiten auf Würfeln, die das Spielgefühl beeinflussen.

Fehleralarm

Fehler passieren. Diese Binsenweisheit gilt natürlich auch für Spiele, die via Crowdfunding finanziert werden. Aber manchmal sind diese schön sehr enttäuschend.

Leider ist ein Spieleschmiede-Projekt mein aktuelles Negativ-Beispiel, auf Grund dessen ich mich zuletzt deutlich dort zurückhalte. „Trickerion“ ist ein ganz hervorragendes Spiel, dessen deutsche Version von Corax Games über die Spieleschmiede finanziert wurde. Die Collector´s Box (Grundspiel und Erweiterungen in einer großen Verpackung mit Trays sowie edlen Materialien) gab es für satte 115€ in der Spieleschmiede. Optisch und haptisch ist das alles toll, aber die Anleitungen strotzen nur so vor Fehlern. Insbesondere die Solo-Anleitung ist nahe an der Unspielbarkeit. Aber da man das Geld ja vorgestreckt hat, belässt es Corax Games mit einer PDF-Korrektur.

Champions of Midgard

Ein anderes schönes Beispiel, leider auch aus der Spieleschmiede, ist das Projekt um die Erweiterungen zum schönen Wikinger-Workerplacement-Spiel „Champions of Midgard„. So gab es einen Druckfehler in einer Anleitung, bei dem eine Seite wiederholt wurde. Interessanterweise konnte man da die Anleitung noch mal drucken und den Spielern zur Verfügung stellen. Und dann wurde dummerweise vergessen, der Druckauftrag für die Neoprenspielmatte abzuschicken, so dass alle Unterstützer zwar irgendwann die Spiele hatten, aber nicht die (optionale) Spielmatte.

Fehler dieser Art finden sich leider nicht selten in derartigen Produkten. Das ist nicht nur menschlich, vielleicht ist es auch ein Fehler im System. Da die Verlage einen großen Teil des Geldes in der Kasse haben, ist der Anreiz, perfektionistisch zu arbeiten vielleicht nicht immer ganz am oberen Limit. Manchmal mühen sich die Verlage um eine Lösung des Problems, manchmal nicht.

Aber Fehler am Produkt gehören leider auch zu Spielen, die crowdfinanziert werden. Das sind nicht immer schwerwiegende Missgeschicke, aber ärgerlich ist es allemal, da ja nicht selten eine größere Summe Geld den Besitzer gewechselt hat.

Fazit

Schwarmfinanzierung hat auch seine Schattenseiten. Man wartet gewöhnlich länger auf sein Spiel und weiß im Vorfeld nicht unbedingt, ob das Spiel hält, was es verspricht. Und dann ist das Produkt manchmal auch noch fehlerhaft..

Aber: meine schlimmsten Erfahrungen werde ich im vierten und letzten Teil der Reihe mit euch teilen. Seid also gespannt, was mal so richtig schief gehen kann.

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