Spielen in und um Werne

Schwarmfinanzierung (Teil 4): The Ugly

Was ich im Beitrag „The Bad“ beschrieben habe, ist leider noch steigerungsfähig. Und davon möchte ich berichten.

Es dauert

Goblin Grapple
(c) Silver Gaming Company

Sechs Monate – das ist so ungefähr die Spanne, mit der ich rechne, die ein Projekt länger braucht, bis es bei mir ankommt. Manchmal dauert es noch etwas länger, aber „Goblin Grapple“ ist momentan mein Negativ-Beispiel für überzogene Dauer.

Im Dezember 2018 sollte das Spiel eigentlich bei mir sein, im Juni 2020 ist die Produktion angelaufen, so dass der Hersteller von einer Auslieferung im September 2020 ausgeht. Zwei Jahre Verzögerung – das ist schon eine Hausnummer.

Nichts

Aber es geht noch schlimmer. Leider gibt es immer wieder Kickstarter, die im Sande verlaufen. „Tavern Trouble“ ist so ein Negativbeispiel. Ein augenscheinlich schönes Spiel für einen vernünftigen Preis, dazu scheint die Komplexität des Projekts überschaubar – was kann schiefgehen?

Naja, erst behauptete der Designer, seine Gesundheit ließe eine Arbeit am Spiel nicht zu, dann war er vorübergehend gar nicht erreichbar. Gleichzeitig kam die Information, dass der Grafiker nicht bezahlt wurde. Und dann war der Designer auf Twitter und Co. sehr aktiv, meldete sich aber bei Kickstarter bzw. seinen Unterstützern nie mehr.

Geld futsch, kein Spiel und im Grunde keine Handhabe gegen den Projektinitiator – das ist das Risiko von Crowdfunding, das leider manchmal auch Realität wird.

Erpressung

Es sah alles so schön aus.
(c) Artem Safarov

Einen drauf setzt noch mein Erlebnis mit „Unbroken„. Hier hat ein Designer ein schönes Solo-Spiel sich ausgedacht und wurde offenbar vom Erfolg seiner Kampagne überrascht. Im Grunde hat er dann auch richtig gehandelt, sich einen Partner an Bord zu holen, der ihn unterstützt. Leider sind die Golden Bell Studios ein Haufen Verbrecher, denn das Unglück nahm seinen Lauf.

Nicht nur, dass alles viel länger als erwartet dauerte, plötzlich stellte man fest, dass die eingesammelte Kohle, immerhin fast 400.000€, nicht für den kompletten Versand reichen sollten. So versandte man in den USA das Spiel, während die Europäer doch bitte noch Geld nachschießen sollten. Problematisch dabei: die nachgeforderte Summe machte gut 25% der ursprüngliche Unterstützungssumme aus. Und tatsächlich bekamen nur diejenigen, die nachzahlten, ihr Spiel in einer ersten Welle. Irgendwann, wenn auf anderem Wege genug Geld gesammelt sei, gäbe es eine zweite Versandwelle, in der die Zahlungsunwilligen berücksichtigt werden sollte. Inzwischen ist die zweite Welle auch kostenpflichtig und mein Spiel liegt immer noch sonstwo.

Golden Bell Studio sind inzwischen von Kickstarter gebannt, was insofern bemerkenswert ist, als dass Kickstarter sich nicht allzu viel von den Problemen nach der erfolgreichen Finanzierung annimmt.

Mein Spiel liegt immer noch in irgendeinem Lagerhaus, während Golden Bell Studio weiter versuchen, den Leuten weiteres Geld zu entlocken.

Diese Erfahrung finde ich wirklich grauenvoll. Im Grunde wird man erpresst – gib uns mehr Geld, dann erhälst du dein Spiel.

Ich hoffe inständig, dass dem werten Leser die Erfahrungen dieses letzten Artikel meiner Crowdfunding-Serie erspart bleiben.

Dennoch: nach gut 150 Crowdfunding-Projekten ist mein Fazit eher positiv. Viele der Spiele, die ich auf diesem Wege erhalten habe, wären über den klassischen Weg nie entstanden. Das wäre im Angesicht mancher Kleinode sehr schade gewesen.

Dafür nehme ich einige Unwägbarkeiten und wenige echte Ärgernisse in Kauf.

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