Spielen in und um Werne

Spiel doch – Eindrücke aus Dortmund

Am letzten Aprilwochenende fand in Dortmund die SPIEL DOCH statt. Fand diese schöne Messe vor einigen Jahren noch in Duisburg statt, wanderte sie zuletzt in die Westfalenhallen. Nachdem ich letztes Jahr die Messe „dank“ Corona nicht besuchen konnte, war ich in diesem Jahr gleich an allen drei Tagen da. Da ich so manches gespielt habe, möchte ich euch hier einige Ersteindrücke vermitteln von Spielen, die ich ausprobieren durfte.

Trainsilvania

Memory gemischt mit Aktionskarten – so kann man dieses Kinderspiel wohl kategorisieren. Wir haben vier Monster vor uns, deren Identitäten auch uns erst einmal unbekannt sind. Diese setzen wir mit Aktionskarten in einen kreisenden Zug, der vier Stationen anfährt. Und natürlich soll jedes Monster zum passenden Bahnhof gelangen. Wenn der Zug voll ist, steigt das erste Monster aus, so dass auch die Platzvertausch-Karte sinnvoll ist. Wir selbst dürfen die Identität unseres Monsters beim Ausstieg anschauen und gewinnen das Spiel, wenn drei unserer Monster am richtigen Bahnhof stehen. Die Idee finde ich ganz nett, da ich aber immer nur aus drei zufällig gezogenen Karten meine Aktionen (Zug bewegen, Ein- und/oder Aussteigen, Reihenfolge der Monster verändern) wählen kann, ist der Glücksfaktor recht hoch, während der Memory-Faktor eher überschaubar ist. Hat mich nicht so überzeugt, auch wenn der Preis auf der Messe sehr fair war.

My Lil´ Everdell

Ok, ganz unvoreingenommen gehe ich als bekennender Fan des „großen“ Everdells nicht an die Sache ran, aber diese abgespeckte Version ist extrem gelungen. Die Zahl der Einsatzorte ist reduziert, aber im Spiel variabler, die Handkarten fallen weg, d.h. man kann nur die offen ausliegenden Karten spielen und das Anziehen von Tieren durch Gebäude fiel weg. Zudem gibt es weniger Ressourcen, was das Spiel erleichtert. Darüber hinaus sind die „Events“ nun gestaffelt. Wer ihn zuerst erreicht, bekommt mehr Punkte als diejenigen, die später z.B. fünf Gebäude errichtet haben. Trotz oder gerade wegen dieser Vereinfachungen macht auch My Lil‘ Everdell (den Namen finden ich irgendwie blöd) Spaß. Es spielt sich sehr taktisch, weil man eine Art Wettrennen um alle Paraden hat, so dass man auch die Gegner im Augen behalten muss. Der Ablauf ist deutlich befriedigender als beim großen Spiel, bei dem es auch mal länger dauern kann, bis man was erreichen kann. Mir hat diese Version von Everdell ausgesprochen gut gefallen.

Caper Europe

Ich hatte Caper Europe schon auf Norderney bei den dortigen Brettspieltagen gespielt, meine Begleitung kannte es aber noch nicht. Dieses Zwei-Personen-Spiel hat was tolles an sich. Wir sind ein Diebes-Mastermind und schicken Diebe zu drei möglichen Zielen, rüsten diese mit Gegenständen aus und klauen derweil schon erste Sachen. Am Ende fallen die Orte dem Mastermind zu, dass mehr Einfluss auf diesen Ort hatte. Dazu gibt es Punkte für die ausgespielten Diebe und Ausrüstungen, die ggf. in Kombination sehr punkteträchtig sind. Und die während des Spiels erbeuteten Gegenstände sind im Sinne von Set Collection noch mal was wert. Ich finde das Spiel extrem gelungen, durch mehrere mitgelieferte Orte mit Spezialregeln ist es sehr variabel. Und die Ausstattung des Spiels ist klasse.

Planet B

Ein wildes Strategiespiel um einen vermeintliche neue Gesellschaft, die wir als Menschheit auf dem namensgebenden Planeten errichten. In Wahrheit macht die Menschheit alles wie bisher und ringt um Macht. Genau das machen wir als Spieler, indem wir Gebäude bauen, Ernten einfahren, Arbeiter zu unseren Gebäuden schicken, um nicht nur Siegpunkte, sondern auch Stimmen für die nächste Wahl zu erreichen. Denn dort ist der auffälligste Kniff gegenüber vielen anderen Strategiespielen. Es finden regelmäßig Wahlen statt, für die wir durch Aktionen Stimmen in einen Sack werfen. Zur Wahl wird dann reihum aus dem Sack gezogen und wer die meisten eigenen Stimmen zieht, wird Präsidentin. Diese Position bringt nicht nur Siegpunkte beim Erlangen, sondern auch spielerische Vorteile in Form von politischen Entscheidungen (Kinderarbeit ja oder nein). Der Spielmechanismus erschwert der amtierenden Präsidentin aber die Wiederwahl, so dass diese Position eher durchgereicht wird.

Ich fand das Spiel in den knapp drei Stunden, die wir zu dritt gespielt haben, interessant und unterhaltsam, hatte aber auch manchmal den Eindruck, dass vieles sehr generisch und weniger Ergebnis guter Strategie war. Ganz selten hatte ich z.B. den Eindruck, dass Ressourcen knapp waren. Den Kniff mit der Wahl fand ich gut, kann aber auch verstehen, wenn der auf Grund der Zufälligkeit und des Zeitaufwands kritisch gesehen wird. Thematisch fand ich es ganz witzig, weiß aber nicht, ob sich beim dritten Spiel der Humor nicht abnutzt.

Orichalkum

Wenn der Designer von Kingdomino ein Strategiespiel macht, kann es ja nur darum gehen, Landschaften zu bauen. Und tatsächlich wählen wir in unserem Zug jeweils eine Karte, auf der ein einzubauendes Plättchen liegt und das eine Aktion vorgibt, die wir ausführen dürfen. Durch das Bauen in unserer Landschaft können wir Kombinationen bauen, die einen Titanen anlocken (der uns einen Siegpunkt gibt und die Option, eine Aktion einmalig zu verstärken) oder die uns die Möglichkeit gibt, einen Tempel zu bauen (ebenfalls ein Siegpunkt). Monster können wir mit Würfeln und Kämpfern bekämpfen, um davon kleine Vorteile zu erhalten bzw. später zwei Monster für eine Zusatzaktion auszugeben (und das nun leere Feld als Jokerfeld zu nutzen). Mit der zweiten Ressource (das namensgebende Orichalkum) können wir ebenso wie mit Kriegern Zusatzaktionen kaufen oder aber einen Siegpunkt. Zwischendrin können wir auch Gebäude bauen, die uns bestimmte Vorteile im Spiel bieten. Bei Erreichen von fünf Siegpunkten endet das Spiel.

Orichalkum macht eigentlich nichts falsch. Es ist leicht erklärbar, die Aufmachung ist durchweg gelungen. Es ist zwar sehr taktisch, aber man muss sich schon ein paar langfristige Gedanken machen, um ans Ziel zu kommen, da z.B. jeder nur einen Titan haben darf (es sei denn, man hat ein passendes Gebäude, das einen zweiten erlaubt). Und dennoch wollte sich keine große Begeisterung einstellen. Das Spiel ist absolut ok, ich würde es auch wieder mitspielen, aber für die eigene Spielesammlung ist es mir etwas zu seicht.

Johanna von Orléans

Ein Abstreichspiel auf Basis des „großen“ Orléans, das viele Elemente des Brettspiels elegant einfängt und ansonsten viele bekannte und befriedigende Mechanismen bekannter Roll-and-writes aufnimmt (Belohnungen bei Füllen von Zeilen oder Spalten, Kettenzüge, Abhängigkeit verschiedener Aktionen). Allerdings werfen wir hier keine Würfel, sondern ziehen je nach Spielerzahl eine bestimmte Zahl Aktionsplättchen aus einem Beutel. In Spielreihenfolge wählt nun jeder eins aus und führt die gewünschte Aktion auf seinem Blatt durch. Dabei beeinflusst man auch andere Spieler, die z.B. bestimmte Verbesserungen nicht mehr wählen können, wenn jemand diese genommen hat. Ähnliches gilt fürs Bauen in einer Stadt.

Mir hat das Spiel sehr gut gefallen, wobei ich den Spielbogen selbst etwas überfrachtet fand. Vielleicht hätte man den Verbesserungsblock besser wie im Solospiel gelöst, in dem nämlich dafür Karten ausliegen. Das hätte die Tischpräsenz verbessert und hätte die Option gelassen, den Block etwas aufzuräumen oder die Elemente zu vergrößern. Dennoch: ein sehr empfehlenswertes Strategieschreibspiel.

Bohanza – Das Würfelspiel

Ich bin nicht der größte Bohanza-Fan, aber dieses Würfelspiel finde ich lustig. Mit fünf Würfeln versuchen wir Pflanzaufträge auf unserer Karte nacheinander zu erfüllen. Dazu würfeln wir und dürfen vom Ergebnis Würfel rauslegen (pflanzen) und andere nochmal würfeln. Im besten Fall liegen am Ende solche Würfel, dass wir mehr als eine Aufgabe auf unserer Karte erledigen können. Ab dem dritten erfolgreichen Auftrag einer Karte können wir gegen Münzen ernten. Wer zuerst zehn Münzen hat, gewinnt das Spiel. Der Clou: würfel ich in meinem Wurf eine Kombination, die einer oder mehrere meiner Mitspieler benötigen, erfüllen diese so einen Auftrag. Es heißt also, aufmerksam zu sein, um nicht einen Vorteil zu verpassen.

Ich finde das Spiel schön. Es spielt sich schnell, bietet einen interessanten Push-your-luck-Mechanismus und bietet etwas Interaktion, so dass die Downtime erträglich ist.

Rainbow Pirates

Rommé with a twist – so kann man Rainbow Pirates umschreiben. Im Grunde soll man Karten auslegen (drei gleiche oder drei aufeinanderfolgende Zahlen als Minimum), wer zuerst zwei Regenbögen ausgelegt hat (sieben aufeinanderfolgende Zahlen) und alle Karten aus der Hand hat, beendet das Spiel. Der Kniff ist: damit hat man nicht automatisch gewonnen. Es zählen die Punkte auf den ausgelegten Karten, was dazu führt, dass jemand, der viele kleine Reihen gestartet hat, eventuell vor demjenigen landet, der nur zwei Regenbögen hat. Zudem gibt es einige Aktionskarten, mit denen man Karten aus der Hand oder der Auslage der Mitspieler entfernen kann, was zu manch gemeiner Interaktion führt.

Ein wirklich gelungenes, optisch sehr ansprechendes Kartenspiel für zwischendurch.

Helsinki

Ich mag das Vorgängerspiel „Copenhagen“ sehr. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, den Nachfolger in Dortmund spielen zu können. Zwar teilen sich Copenhagen und Helsinki einige Elemente (Wahl zweier nebeneinander liegenden Karten aus einem Rondell, Karten abgeben, um Elemente platzieren zu können, „Tetris-Puzzeln“ der Teile), aber das ganze ist zwei Level komplexer. Wir „werfen“ die gebauten Teile nun auf einen Platz und zwar von der Seite, auf der unsere Figur im Rondell steht, aus dem wir die Karten nehmen. Zudem setzen wir nun kleine Gebäude auf die gebauten Teile (wenn diese das vorsehen), die am Ende Punkte bringen, sofern sie auf einer vollständigen Zeile oder Spalte stehen. Stehen Sie am Schnittpunkt einer vollständigen Zeile oder Spalte, gibt es noch mal Extra-Punkte. Wie im Vorgänger gibt es auch Sonderaktionen, diese sind aber im Laufe eines Spiels nur einmal nutzbar, sollten also mit Bedacht eingesetzt werden.

Ich fand Helsinki toll, es ist ein richtig schöner Hirnzwirbler und nicht nur das Ausquetschen des Copenhagen-Erfolgs. Zwar kam das Ende durch das Leerlaufen des Nachziehstapels etwas plötzlich, aber wahrscheinlich braucht man als Runde etwas mehr Erfahrung, um das besser hinauszögern zu können.

Nimalia

Ein originelles Kartenlegespiel haben wir mit Nimalia gespielt. Innerhalb deines vorgegebenen (und fürs gesamte Spiel etwas kleine) Rasters legst du Karten mit Tier- und Landschaftsmotiven. Dabei besteht jede Karte aus vier Kacheln, beim Legen muss mindestens eine liegende Kachel abgedeckt werden. Für die fünf Runden wurden zu Beginn des Spiels verschiedene Punktbedingungen definiert, wobei je nach Runde 2-3 davon zum Tragen kommen. Die Karten, die wir legen dürfen, werden gedraftet, d.h. ich ziehe erst Karten, suche mir eine aus und gebe den Rest weiter. So darf man versuchen, neben seinen eigenen Problemen auch noch das Feld der Mitspieler im Auge zu behalten.

Mir hat Nimalia gut gefallen, auch wenn in unserer Testpartie zwei der ausliegenden Siegbedingungen ineinandergriffen und somit attraktivere Ziele abgaben als andere.

Wanderlust

Wanderlust ist thematisch hübsch, auch wenn das Thema bei der Übersetzung kulturell etwas leidet. Das amerikanische „Summer Camp“ ist in diesen Breitengraden nicht so bekannt, nun wurde daraus Wanderlust. Wie auch immer: hinter der Thematik steckt ein relativ einfaches Deckbuilding-Spiel. Wir beginnen mit einer mäßigen Starthand und verbessern diese durch Zukauf entweder allgemeiner Karten oder deckspezifischer Karten. Es gibt drei Decks, die jeweils einer Wanderroute entsprechen, auf denen wir jeweils am schnellsten vorwärts kommen wollen. Das geht langsam über allgemeine Karten, schneller über die deckspezifischen. Da die einzelnen Schritte auch häufig Boni abwerfen, entsteht ein angenehmer, schneller Spielfluss. Hübsch gemacht, sticht aber nicht besonders hervor.

Soweit ein paar Eindrücke von der tollen „Spiel doch“ in Dortmund. Wer Lust hat, das ein oder andere Spiel mal selbst auszuprobieren, der ist herzlich eingeladen. Am Freitag, 12.05.2023, findet um 19 Uhr in der Familienbildungsstätte Werne das kostenlose Spielcafé statt.

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