Spielen in und um Werne

Die verseuchte ZONA – verstrahltes Glück

Der schreckliche Unfall von Tschernobyl ist gut 35 Jahre her, noch immer sind die Folgen dort verherrend. Dennoch wagen sich Corax Games als deutscher Partner des polnischen Verlag Rebel Studio an ein Spiel zu diesem Thema. Ich habe dieses Spiel vor einiger Zeit in der Spieleschmiede mitfinanziert, nun möchte ich der Welt mitteilen, was für ein Spiel dabei herumgekommen ist.

Unser Ziel in Zona – Das Geheimnis von Tschernobyl ist es, in den Sarkophag des Atomkraftwerks einzudringen und dort einen nicht definierten Schatz zu erlangen. Dazu durchstreifen wir die umliegende Region auf der Suche nach Hinweisen und Ausrüstung, um unseren Charakter, der je Spieler leicht unterschiedlich ist, auf die ultimative Herausforderung vorzubereiten.

Die Regionen auf dem Spielbrett

Doch die Regionen beinhalten auch Gefahren, denen wir uns stellen müssen. Mutanten und seltsame Phänomene erschweren uns das Leben, sind aber gleichzeitig ein Quell für bessere Ausrüstung. Wer von den Abenteurern als erster das Ziel erreicht und die letzte Aufgabe erfolgreich meistert, gewinnt das Spiel. Damit das nicht direkt vom Start geht, braucht man erst die Geheimnisse von zwei zugangsbeschränkten Orten.

Im Grunde haben wir also ein klassisches Abenteuerspiel vor uns. Wir entscheiden uns in unserem Spielzug, ob wir uns bewegen, einer Herausforderung stellen, die Aktion unseres Ortes nutzen oder in einem Bunker Handel treiben. Am Ende der Runde gibt es eine Phase, die alle betrifft: es werden für jeden Abenteurer Ereignisse gezogen, denen er sich stellen muss und die je Ort etwas unterschiedlich sein können. Gerüchte werden gezogen, die ebenfalls kurzfristig oder dauerhaft Effekte auslösen. Hier kommt ein netter Mechanismus zum Tragen: ein Spieler ist die Stimme der Zona und entscheidet, welchen Ort oder welchen Mitspieler bestimmte Schicksale treffen. Und dann erhöht sich noch die Strahlung, bis es zum einer Strahlenkatastrophe kommt, die nicht nur das Spielbrett etwas neu mischt, sondern auch jeden, der außerhalb eines Bunkers ist, nichts Gutes tut.

Unsere Ausrüstung

Im Falle einer Konfrontation mit Mutanten oder einem Phänomen muss der Spieler erst eine initiale Probe machen, danach eine Kampfprobe. Dieses wird mit drei Würfeln gespielt, die zusammen mit den Eigenschaften gegen eine Schwierigkeit gerechnet werden. Ein relativ simples System.

Im Laufe des Abenteuers erlangen wir vielerlei Gegenstände, die sich leider bei jeder Benutzung (und sei es nur beim Schutz von Schaden im Falle einer Rüstung) verschlechtern und kaputtgehen. Die eigentlichen Charakterwerte unseres Abenteurers können hingegen nicht dauerhaft gesteigert werden, sondern werden im Falle von zuviel Schaden nur gemindert.

Wer bis hierhin mitgelesen hat, sieht worum es geht: um die Verwaltung von Mangel. Das Spiel wirft dem Spieler vielerlei Stöcke zwischen die Beine: Ausrüstung nutzt sich ab, Gegner sind nicht leicht zu besiegen, Zufallsereignisse fordern manchmal Entscheidungen und sind eher selten vorteilhaft.

Eine Ereigniskarte

Ich habe mich bei Zona – Das Geheimnis von Tschernobyl ein wenig an das gute alte Talisman erinnert gefühlt. Auch dort versuche ich meinen Abenteurer zu stärken, um in Regionen höherer Gefahr vordringen zu können, was in einem finalen Akt endet. Zona macht im Gegensatz zum Klassiker einige Sachen richtig: zwar gibt es durchaus mächtige Ausrüstung, aber die Spieler driften in ihrer Entwicklung nie soweit auseinander, dass ein Spieler hoffnungslos sein muss. Durch die Geheimniskarten gibt es gleichzeitig einen Spieldauerbegrenzer. Schafft es kein Spieler rechtzeitig in den Sarkophag, verlieren halt alle. Dadurch wird Zona kein ewiges Spiel, wie es beim angesprochenen Klassiker durchaus passieren kann, wenn kein Spieler so richtig durchstarten kann.

Aber Zona hat auch Schwächen. Es ist nicht nur ein Mangelverwaltungsspiel, vor allem ist es extrem glückslastig. Karten und Würfel entscheiden über den Erfolg unseres Weges mehr als gute Entscheidungen. Zwar kann man sich überlegen, wie man den Weg gerne bestreiten möchte, am Ende haut einem aber die Karte am Ort des Geschehens um. So ist mir im Sarkophag bei der finalen Karte passiert, dass ich eine Karte hatte, die im Grunde sagt: „Bist du guter Gesinnung, kannst du jetzt eine Probe zum Gewinn machen. Wenn nicht, kannst du in dieser Runde nicht das Spiel entscheiden.“ Leider gab es keinerlei Hinweis, dass die Gesinnung (eine im Spiel nur selten wirklich relevante Eigenschaft) plötzlich zum Gamechanger wird. Auf der nächsten Karte passte meine Gesinnung dann, aber solche Momente sind frustran, da der Spieler im Grunde keine Einflussmöglichkeit hat.

Am Ende stehe ich vor Zona mit gemischten Gefühlen. Die Grafik ist super, die ernste Thematik ist gut umgesetzt und das gesamte Spielmaterial weiß zu überzeugen. Auch die großen Ereigniskarten der besonderen Orte sind sehr schön und runden den Eindruck ab, dass das Spiel die gut 50€ wert ist, die momentan dafür aufgerufen werden.

Eine andere Ereigniskarte

Dagegen steht aber ein sehr glückslastiges Spielprinzip mit vielen Frustmomenten. Im Grunde verwaltet man den Mangel an Ressourcen, während das Spiel und die Mitspieler immer wieder neue Probleme generieren. Doch diese bewältigt man nicht durch gute Planung oder schlaue Einkaufstaktiken, sondern nur mit dem passenden Karten- und Würfelglück. Das finde ich persönlich nicht so gelungen, Freunde klassischer Ameri-Trash-Games kommen da voll auf ihre Kosten.

Von daher würde ich jedem interessierten Spieler dringend zu einer Proberunde vor dem Kauf raten, denn so schön Zona – Das Geheimnis von Tschernobyl ist, so sehr muss man diese Glückslastigkeit mögen.

Vielleicht ergibt sich ja bald wieder beim Spielcafé der Familienbildungsstätte die Gelegenheit zu einer gemeinsamen Proberunde.

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